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Blickpunkt USA (2): Die Verfassung von 1787 – Tragfähiges Fundament der USA im 21. Jahrhundert?

In Zusammenarbeit mit dem Carl-Schurz-Haus/Deutsch-Amerikanisches Institut e.V. und der Landeszentrale für politische Bildung Freiburg

 

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In jedem Staatswesen ist es eine wichtige Aufgabe jeder Generation, die geistig-philosophischen Grundlagen des verfassten Zusammenlebens im Kontext der jeweiligen philosophischen Strömungen und in Auseinandersetzung mit ihnen abträglichen intellektuellen Moden der Zeit neu zu durchdenken und zu festigen. Ausgangspunkt solcher Bemühungen ist der Rückblick auf die geschichtlichen Ursprünge der Verfassungen und das philosophische Denken, dem ihre Prinzipien sich verdanken. Für die amerikanische Verfassung von 1787 sind dies vor allem Denker der Aufklärung; aber auch dem antiken Griechenland waren die maßgebenden Verfassungsväter verpflichtet. Der erste Vortrag dieser dreiteiligen Reihe wird den Beitrag philosophischen Denkens für die Begründung der amerikanischen Nation deutlich machen. Mit seiner Hilfe wurde ein geistiges Fundament gelegt, auf dem das mächtigste Staatswesen der Welt seit 230 Jahren ruht.
 

 

Mittwoch
10.05.17
20 Uhr c.t.
HS 1098, KG I
Prof. Dr. Manfred Berg
(Historisches Seminar der Universität Heidelberg)  
Aufklärung, Republikanismus, Selbstregierung, geordnete Freiheit:
Die historisch-politischen Grundlagen der amerikanischen Verfassung


Die amerikanische Bundesverfassung von 1787/91 genießt bei den US-Bürgern eine beispiellose zivilreligiöse Verehrung. Angesichts der beeindruckenden historischen Kontinuität dieses Dokumentes, das seit nunmehr 230 Jahren den institutionellen Rahmen des politischen Lebens der USA bildet, ist dies durchaus verständlich. Trotz zahlreicher historischer Krisen – einschließlich eines blutigen Bürgerkrieges – hat sich die US-Verfassung bislang als außerordentlich anpassungsfähig erwiesen. Im Zentrum der Verfassungsgebung stand das Ziel der Gründerväter, Regeln und Institutionen der re-publikanischen Selbstregierung zu schaffen, die den Amerikanern ein Leben in geordneter Freiheit ermöglichen sollten. Der Vortrag wird die philosophischen Wurzeln, den historischen Kontext, aber auch die Widersprüche der politischen Grundordnung Amerikas thematisieren. 230 Jahre nach dem „Wunder von Philadelphia“ erscheint zunehmend fraglich, ob die Verfassung noch eine tragfähige Grundlage für Selbstregierung und geordnete Freiheit bilden kann.

 


 

Mittwoch
05.07.17
20 Uhr c.t.
HS 1098, KG I
Prof. em. Dr. Dr. h. c. mult. Otfried Höffe
(Philosophisches Seminar der Universität Tübingen)
Politische Gerechtigkeit. Entwurf einer Fundamentalphilosophie des Politischen.
Ein Beitrag zur Stärkung des Ansehens der freiheitlichen Verfassungen beiderseits des Atlantiks


Nach jahrhundertelanger Blüte führte die politische Philosophie, verstanden als Philosophie von Recht, Staat und Politik, im 20. Jahrhundert lange Zeit ein Schattendasein. Seit den 70er Jahren, mit John Rawls' Eine Theorie der Gerechtigkeit, ändert sich die Situation grundlegend. Allerdings bleiben erhebliche Defizite: Die Semantik der Gerechtigkeit wird wenig beachtet. Noch gravierender sind das Fehlen einer Auseinandersetzung mit zwei gerechtigkeitskritischen Positionen, dem Rechtspositivismus und dem philosophischen Anarchismus. In seiner Studie „Politische Gerechtigkeit. Grundlegung einer kritischen Philosophie von Recht und Staat“ (1987) versucht Otfried Höffe im Rahmen eines systematischen Entwurfs diese und weitere Defizite zu überwinden. In Auseinandersetzung mit anglophonen Autoren wie H.L.A. Hart und noch mehr dem früheren und späteren Rawls stellt der Vortrag die Grundzüge der genannten Studie Politische Gerechtigkeit vor. Ottfried Höffe leistet hiermit einen wichtigen Beitrag, der politischen Philosophie als geistigem Fundament auch der amerikanischen Verfassung zu neuem Ansehen zu verhelfen und so das intellektuelle Prestige des Verfassungspatriotismus von innen heraus zu stärken. Das ist in Zeiten eines wachsenden Populismus, der stets versucht ist, seine politischen Maximen als „Wille des Volkes“ über die verfassungsmä-ßige Ordnung zu stellen, wichtiger denn je.