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Einzelvorträge

 

Einzel_Sebastian Bender

 

Auch im Sommersemester haben wir wieder eine ansehnliche Spange von Einzelvorträgen zu aktuellen Brennpunkten der Forschung aus ganz unterschiedlichen Wissenschaftsbereichen im Programm; die Spannbreite reicht dabei von literatur- und kulturgeschichtlichen Themen über die Biotechnologie und aktuelle Fragen der Regulierung von KI-Technologien bis hin zur Rolle der Wissenschaftskommunikation in Wissenschaft und Gesellschaft.

Mittwoch / 20 Uhr c.t. / HS 1015

 

Prof. Dr. Sabina Becker (Deutsches Seminar, Universität Freiburg)
Verhaltenslehren der Emanzipation: Neue Frauen in der Weimarer Republik

Mittwoch, 26.04.23

01 Sabina Becker, Porträtfoto für Vortrag Studium Generale.jpegNach dem verlorenen Ersten Weltkrieg und dem Ende der Monarchie setzte in den 1920er Jahren in Deutschland ein gesellschaftlicher Modernisierungsprozess ein, mit dem ein verändertes Rollenverständnis der Geschlechter einherging. Viele Frauen brachen mit traditionellen weiblichen Lebensentwürfen, gingen einem Beruf als Angestellte nach und bewegten sich auch ohne männliche Begleitung in der Vergnügungskultur der „Goldenen Zwanziger Jahre“. Wir wissen zu wenig über den Feminismus der Zwischenkriegszeit. Doch vermutlich waren die Weimarer Jahre zwischen 1918 und 1933 nicht nur eine ‚Sattelzeit‘ des Republikanismus, sondern auch des Feminismus. Aber auf jeden Fall waren sie mehr als nur eine Übergangszeit zwischen den Frauenbewegungen im 19. Jahrhundert einerseits und im späten 20. Jahrhundert, vor allem in den 1960er Jahren andererseits. Der Vortrag spürt den Impulsen nach, die von dieser Epoche ausgingen und bis weit über das Ende der Weimarer Republik hinaus nachwirkten.

 

Prof. Dr. Ralf Reski (Lehrstuhl für Pflanzenbiotechnologie, Institut für Biologie II, Universität Freiburg)
Ohne Moos nix los – Biotechnologie mit Moosen

Mittwoch, 10.05.23

02 Ralf_Reski_Portrait. (c) Juergen_Gocke.CIBSS.jpgMoose werden von den wenigsten Menschen beachtet. In der Wissenschaft werden sie jedoch immer02 Sphagnum_palustre_Bioreactor.jpg wichtiger. Moose waren schon vor den Dinosauriern da und haben unseren Planeten für immer verändert. Aus ihren Genen lernen wir, wie das geschah. Heute können Moose Luftverschmutzung messen, Torf ersetzen und durch Torfabbau zerstörte Moore wiederbeleben. So leisten sie einen wichtigen Beitrag gegen den Klimawandel, denn in Mooren ist doppelt so viel Kohlenstoff gespeichert wie in allen Wäldern der Erde zusammen. Im Bioreaktor produzieren gentechnisch veränderte Moose menschliche Proteine, die zukünftig zur Behandlung von schweren Krankheiten eingesetzt werden. Das erste so in Moos hergestellte menschliche Protein wurde kürzlich in einer klinischen Studie erfolgreich an Patienten getestet.

 

Prof. Dr. Aldo Venturelli (Universität Urbino, Italien)
Nietzsche, Goethe und Stifter. Einige Bemerkungen

Nietzsche-Forschungszentrum in Zusammenarbeit mit dem Studium generale und der Goethe-Gesellschaft Freiburg

Donnerstag / 11.05.23 / 20 Uhr c.t. / HS 1098

03 Venturelli.jpgIn Nietzsches veröffentlichten Werken wird Adalbert Stifter nur einmal – im Aphorismus 109 von Der Wanderer und sein Schatten (Ende 1879) – erwähnt. Nur durch einige Briefe und Notizen wird so möglich, die Stifter-Rezeption bei Nietzsche zu rekonstruieren. Nietzsche las Stifters Nachsommer vermutlich im Sommer 1878 auf Anregung von Paul Rée, der den Roman als die Darstellung einer besonders schönen Liebesgeschichte betrachtete. Im Laufe der folgenden Jahre entstand allmählich eine immer engere Verbindung zwischen der Lektüre des Nachsommer, den herbstlichen Empfindungen, den Erfahrungen in Venedig und der Musik von Heinrich Köselitz (alias Peter Gast). Diese Verbindung wird ersichtlich vor allem in Nietzsches Brief an Köselitz vom 19. April 1887. Sie übt aber einen beträchtlichen Einfluss auch auf die Entstehungsgeschichte von Ecce homo aus. So kann die Untersuchung der Stifter-Rezeption bei Nietzsche, die mit einigen Aspekten seiner Goethe-Rezeption eng verbunden ist, einen Beitrag zum besseren Verständnis einiger entscheidender Themen von Nietzsches Denken in seinen letzten Jahren leisten.

 

Prof. Dr. Dr. h.c. Bernhard Zimmermann (Seminar für Griechische und Lateinische Philologie, Universität Freiburg)
Lachen in der griechischen Antike. Von Homer zur attischen Komödie

Mittwoch, 17.05.23

04 Foto Zimmermann e Genova,  2014.jpgHumor, Lachen, Komik – all dies spielt in der griechischen Kultur und Literatur eine große Rolle, auch in literarischen Formen und Gattungen, in denen man dies nicht erwarten würde, wie dem Epos und der Tragödie.

In dem Vortrag wird in einem Streifzug durch die Literatur seit ihrem Beginn im 7. Jahrhundert der Frage nachgegangen, welche Arten von Komik und welche Formen des Lachens wir antreffen. So werden wir einen Blick auf die homerischen Epen, auf die frühgriechische Dichtung, auf die Tragödie und natürlich auf die Komödie des 5. Jahrhunderts v. Chr. werfen. Beachtung findet auch der gesellschaftliche und religiöse Kontext, in dem die verschiedenen literarischen Gattungen ihren ‚Sitz im Leben‘ hatten.

 

Prof. Dr. Cornelia Brink (Masterstudiengang Interdisziplinäre Anthropologie am Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie, Universität Freiburg)
Erste sein. Frauen in Berufen mit Heldenpotential

Mittwoch, 24.05.23

05 Brink (c) Klaus Polkowski DSC_1011_b_540.jpgManche Berufsfelder haben Heldenpotential: Die Luftfahrt, der Fotojournalismus im Krieg, die Herzchirurgie gehören neben zahlreichen anderen dazu. Diese Räume waren lange Zeit Männern vorbehalten, die darin ihren Wissensdurst, Wagemut und Risikobereitschaft beweisen konnten. Frauen, die ein Flugzeug steuern, das Kampfgeschehen im Krieg dokumentieren oder ein menschliches Herz transplantieren wollten, mussten sich den Zugang gegen viel Widerstand nachdrücklich erstreiten. Besondere Aufmerksamkeit weckten sie, wenn ihnen das als Erste gelang. Als Heldin oder Vorbild gefeiert wurden bzw. werden sie dann aber nicht notwendig wegen ihrer Taten als Pilotin, Fotografin oder Chirurgin, sondern weil sie als Pionierinnen ein männlich besetztes Terrain erschlossen.

Im Vortrag geht es um die Praxis und Erfahrungen der damit verbundenen Grenzüberschreitungen, Grenzverschiebungen und Grenzsicherungen, um Ein- und Ausschlüsse von Frauen aus heroisch konnotierten Berufsfeldern und um „die Erste“ als Sozialfigur. Präsentiert werden Forschungsfragen und -ergebnisse, die aktuell im Rahmen des SFB 948 „Helden – Heroisierungen – Heroismen“ erarbeitet werden.

 

Prof. Dr. Ernst Osterkamp (Humboldt-Universität zu Berlin / Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung, Darmstadt)
Das Weltweite und das Weltfähige. Weltliteratur und globale Autorschaft bei Goethe und Thomas Mann

In Zusammenarbeit mit der Goethe-Gesellschaft Freiburg und dem Deutschen Seminar

Mittwoch, 14.06.23

 

Prof. Dr. Paul Michael Lützeler (Washington University in St. Louis, USA)
Vor hundert Jahren: Coudenhove-Kalergis Vision der Vereinigten Staaten von Europa

Mittwoch / 21.06.23 / 20 Uhr c.t. / HS 1010

Vor hundert Jahren veröffentlichte Richard Coudenhove-Kalergi sein visionäres Werk zum Thema der „Vereinigten Staaten von Europa“. In dem Krisenjahr 1923 tat er das Gegenteil von dem, was die nationalistischen Revanchisten vorschlugen: Er zeigte den Weg auf, wie man den Kontinent vor einem weiteren Weltkrieg bewahren könnte, indem man die Nationen in einem stufenweisen Prozess zu einer friedensorientierten Föderation vereinigen würde. Am Anfang sollte ein Kongress stehen, der die Beziehung der Sieger- zu den Verlierermächten von 1918/19 neu regelte, danach sollte (angefangen mit einer europäischen Zollunion) Schritt für Schritt die umfassende Integration erfolgen. Im Auge hatte Coudenhove-Kalergi ein vereinigtes Europa ohne die Flügelmächte Großbritannien und Russland. Europa  werde nur als vereinte Macht anderen Großmächten – wie den USA, Russland, England oder China – selbstbewusst gegenüber treten und zur globalen Friedenspolitik beitragen können. Ausführlich ging er auf das Verhältnis zu Russland ein, dessen Machteinfluss sich kein europäischer Einzelstaat werde entziehen können, weswegen er eine Europäische Verteidigungsgemeinschaft vorschlug. Viele dieser Vorstellungen sind nach wie vor aktuell.

 

Prof. Dr. Silja Vöneky (Institut für Öffentliches Recht, Lehrstuhl für Völkerrecht, Rechtsvergleichung und Rechtsethik, Universität Freiburg)
Prof. Dr. Thorsten Schmidt (Mathematisches Institut, Abteilung für Mathematische Stochastik, Universität Freiburg)
Verantwortliche Künstliche Intelligenz: Neue Wege zur adaptiven Regulierung von Hochrisiko-KI-Technologien zum Schutz von Rechten und Gemeinwohlgütern

Mittwoch, 05.07.23

08 Voeneky_Pressefoto_gross_327.jpgRisiken, die von Systemen ausgehen, die auf Künstlicher Intelligenz (KI) beruhen oder von dieser08 Schmidt Thorsten.png gesteuert werden, beruhen auf von Menschen programmierten Algorithmen. Das ist der Grund, warum Staaten und die internationale Gemeinschaft der verantwortungsvollen Regulierung dieser Technologien Priorität einräumen sollten, zumindest wenn mit KI-Systemen hohe Risiken verbunden sind. Da die Entwicklung neuer KI-Systeme in erster Linie durch Unternehmen, also private Akteure, vorangetrieben wird, sollte es das Ziel jeder Regulierung sein, verantwortungsvolle Innovationen dieser Unternehmen nicht zu behindern, aber Risiken durch KI-Systeme für das Gemeinwohl und überindividuelle und individuelle Rechte – insbesondere für Grund- und Menschenrechte – zu minimieren und Verletzungen dieser Rechte und Güter zu verhindern. Der Vortrag wird Kernelemente eines neuen Modells für eine adaptive Regulierung von KI-gestützten Hochrisikoprodukten und -dienstleistungen vorstellen. Dieses soll universell, also unabhängig von dem bestehenden Rechtssystem, anwendbar sein und Nachteile von präventiv wirkenden Regulierungsansätzen und (insbesondere nachträglich wirkenden) Haftungsmodellen ausgleichen. Vöneky und Schmidt vertreten, dass diese Ergänzung durch ein neues Regulierungsmodell erforderlich ist, um die Risiken für unsere Rechte und Gemeingüter entscheidend zu minimieren, bevor KI basierte Hochrisikosysteme eingesetzt und genutzt werden.

 

Julia Wandt (Leiterin Geschäftsbereich Wissenschaftskommunikation und Strategie, Universität Freiburg / Vorsitzende des Bundesverbandes Hochschulkommunikation)
Vertrauensbildung, Anerkennung, Qualität: Wissenschaftskommunikation und ihre Rolle in Wissenschaft und Gesellschaft

Mittwoch, 19.07.23

09 Foto_Wandt.jpgDie Relevanz von Wissenschaftskommunikation ist in den vergangenen Jahren vielfältig gestiegen: für den Dialog mit gesellschaftlichen Gruppen, für die Vorbereitung (und nur diese) von politischen Entscheidungen, für Wissenschaftler*innen als stringenter Teil ihrer Tätigkeit sowie für wissenschaftliche Einrichtungen als innovative Leistungsdimension. Diese Entwicklung bezieht sich nicht nur auf Forschung mit hohen gesellschaftspolitischen Implikationen und damit mitunter besonders kontroverse Themen, sondern sie spiegelt auch eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung wider: das gestiegene Bedürfnis nach Transparenz, nach Vertrauen und nach Instanzen, die gesellschaftliche Veränderungen einordnen (können).